Bildungspost 2019-1: Damit jedes Alter in der Kirche Zukunft hat ...

Thesen der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit zum Miteinander der Generationen in der Kirche

I ... ist einelebendige Kirche auf Begegnung der Generationen angewiesen. In der Begegnung der Generationen werdendie komplexen Lebensweltender Gemeindeglieder mit all ihren Herausforderungen und Potentialen sichtbar. Fokus-siert sich die Kirche zu sehr auf eine Altersgruppe, verengt sich ihr Blick auf die Lebenswirklichkeit und erschwert das Miteinander der Generationen. Einer so einseitig ausgerichteten Kirche fehlt die ResonanzAnderer. Sie bleibtunvollständigund wirkt exklusiv.

II ... braucht eine solidarische Kirche Jungeund Alte. Die Kirche lebt gleichermaßen vonInnovationund Tradition. Sie definiert individuelle Probleme und gesellschaftliche Herausforderungen deshalb nicht aus der Sicht einer Generation. Für sie sind vielmehr die Interessen und Lebensthemen sowie die unterschiedlichen Lebenslagen aller Menschen entscheidend. Nur so entwickelt sie Vielfalt und Lebendigkeit.

III.... akzeptiert und nutzt eine selbstbewusste Kirche Unterschiede. Dies gilt insbesondere für die Unterschiede zwischen den Generationen, denn die Interessen und Bedürfnisse, die Sicht auf Gott und die Welt oder die Bedeutung der Glaubensthemen sind von den Erfahrungen und dem Lebensalter geprägt. DieBegegnung der Generationen ist bedeutsam, weil sie produktive Spannung erzeugt und so Entwicklung ermöglicht. In einem respektvollen Diskurs werden Empathie und Toleranz für einander gefördert; im Ringen um einen gemeinsamen Weg, bei der Entwicklung neuer Ideen oder dem Einüben einer konstruktiven Streitkultur wird das Miteinander der Generationen erlebbar. Die Kirche entwickelt in einem so geführten Generationengespräch eine integrative Kraft und kann Vielfalt und „Diversity“als Ressource für sich und anderenutzen.

IV ... blickt eine inklusive Kirche ganzheitlich auf das Leben. Das Alter verkörpert nicht nur Verletzlichkeit und Vergänglichkeit. Es steht zugleich für Lebensgestaltung und Lebensbewältigung, Ältere sind Mentor*innen für Jüngere und vermittelnwertvolles Erfahrungswissen. In dieser Umfänglichkeit gibt das Alter dem Leben Sinn und Bedeutung und bietet damit der Jugend Orientierung und Perspektive. Die Jugend wiederum fordert das Alter heraus und steht für neues Denken und frischen Wind. Sie ermöglicht den Altenüber den Generationenvertrag ein auskömmliches Leben und gesellschaftliche Teilhabe in einer zunehmend digitalenWelt. Alt und Jung provozieren und ergänzen sich. Sie brauchen einander. Dazu bedarf es Orte der Begegnung, weil intergenerationelle Kontakte außerhalb der Familien nicht mehr selbstverständlich sind.

V ...unterstützt die Kirche jede Generation in ihrer eigenen Identitätsentwicklung. Zur Identitätsbildungder jungen Generation gehört die Abgrenzung gegenüberden Alten. In der kritischen Auseinandersetzung mit deren Lebensentwurf entwickelt sie eigene Lebensperspektiven. Zur Identität der Alten gehört der Wunsch nach Generativität: die Liebe in die Zukunft zu tragen, am Leben der Jungen teilzuhaben, für zukünftige Generationen Verantwortung zu tragen und die Glaubens-und Lebenserfahrungen weiterzugeben. Beides gilt es im kirchlichen Alltag zu bedenken. Es ist im Sinne dieser Identitätsbildungbedeutsam, den Generationen die Möglichkeit zu geben, den gemeinsamen Glauben zu leben. Generationsübergreifende Verbindungen machen es möglich,sich als wichtigen „Teil des Ganzen“ zu begreifenund neben dem eigenen Interesse auch das Gesamtinteresse zu sehen.

VI ... versteht sich Kircheals Teil der „Sorgenden Gesellschaft“. Sie sorgt sich um die Lebensthemen aller Menschen und setzt dabei auf das Engagement von Alt und Jung. Als Akteurin im Sozialraum betätigt sie sichals Netzwerkerin, fördert Teilhabe wie Teilgabe und trägt so zu einem guten Leben für allebei. Dabei legt sie Wert auf Eigenständigkeit, auf Respektvor „dem Anderen“ und auf das Leben in Gemeinschaft. Der Apostel Paulus beschreibt dieses Ziel im 1. Korintherbrief mit dem Bild des Leibes, der aus vielen Gliedern besteht: ... obwohles viele Teile sind, ist es doch ein einziger Leib. (1. Kor 12,12). Es geht ihm um ein Leben in Angewiesenheit und im Miteinander: Alle Glieder am Leib Christi sind eigenständig und zugleich füreinander da und existentiell aufeinander angewiesen. Die Begegnung der Generationen ist sowohl für die Weitergabe des Glaubens wie auch für eine zukunftsfähige, solidarische Kirchevon grundlegender Bedeutung.

 

Herausgeberin: Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der EKD (EAfA) Hannover, Oktober 2018

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